Klima schützen,  Nachhaltig leben

Nachtzug nach Locarno

Im Dezember waren wir – also meine kleine Family und ich – wieder einmal im traumhaften Maggiatal im Tessin und haben dort Silvester gefeiert. Hingefahren sind wir mit dem Nachtzug. Und weil ich wiedermal fand, dass Zugfahren einfach eine ganz wunderbare Art zu reisen ist, berichte ich dir hier davon.

Zug oder Auto?

Da wir Verwandte im Maggiatal in der Nähe von Locarno haben, sind wir eigentlich mindestens einmal im Jahr dort. Manchmal für ein paar Tage auf der Durchreise in den Süden, manchmal zum längeren Kletterurlaub. Immer aber mit Sack und Pack. Leicht reisen liegt uns nicht wirklich, schon gar nicht, seit es den Kleinen gibt. Auch wen mein Freund und ich in Vor-Kind-Zeiten schon einmal mit dem Nachtzug angereist sind, waren wir in den letzten Jahren immer mit dem Bulli dort.

Die Fahrt von Hannover nach Locarno dauert mit dem Auto (wenn man durchfährt) etwa zehn Stunden (knapp 900 km). Wir haben mit Zwischenstopps bei Freunden sonst immer so 1,5 Tage für die Strecke gebraucht. Kostenpunkt für die Autofahrt: ca. 200,- für Sprit (hin und zurück), dazu kommt natürlich noch der normale Verschleiß am Bulli.

Dieses Mal wollten wir endlich mal wieder mit der Bahn fahren. Unser Gepäck fanden wir überschaubar und vor Ort sind wir nicht auf ein Auto angewiesen. Also haben wir die Verbindung mit dem Nachtzug im Schlafwagen gecheckt. Und die Option gleich wieder verworfen – viel zu teuer! Wie viel es für uns drei nun genau sein sollte, weiß ich gar nicht mehr aber wir fanden es viel zu viel im Vergleich zum Auto.

Also doch mit dem Auto fahren? Ja, dachten wir zuerst. Aber dann haben wir noch mal überlegt. Schließlich ist Autofahren nach dem Fliegen die klimaunfreundlichste Art zu reisen! Außerdem: lange Autofahrt mit einem knapp Dreijährigen eher anstrengend, nachts im Dunkeln fahren eher unangenehm, Freunde in den Zwischenstopp-Städten teilweise nicht da.

Also haben wir noch mal die Option Zug gecheckt, diesmal die Variante „Sechserabteil“, die wir schon von unserer ersten Nachzugfahrt nach Locarno kannten (damals allerdings zu zweit). Und siehe da, die Preise waren deutlich vertretbarer. 300,- sollte die gesamte Reise hin und zurück für uns drei kosten. Dazu muss man sagen, dass wir mit dem Buchen SEHR spät dran waren und uns deswegen auch über die hohen Preise nicht zu wundern brauchten).

Wir haben dann einfach gehofft, dass man die gegenüberliegenden Sitze im Sechserabteil zu Liegeflächen zusammenschieben kann – und so war es dann zum Glück auch. Die Hinfahrt sollte also in einem Rutsch mit dem Nachtzug sein, für die Rückfahrt hatten wir noch einen Zwischenstopp geplant.

Die Reise

Wir fanden uns ja selber richtig mutig, mit einem Dreijährigen eine solche Bahnreise zu machen. Auch wenn er ein recht entspanntes Kind ist – es fühlte sich trotzdem recht abenteuerlich an. Würde er überhaupt schlafen? Oder erstmal komplett aufdrehen? Würden wir wirklich ein Abteil für uns haben? Und wenn der Kleine dann wach war – würde er sich langweilen und nur Unsinn machen?

Der Zug sollte um halb 12 nachts in Hannover starten, Umstieg morgens in Basel und dann noch mal ca. 3,5 Stunden bis Locarno. Ich sage es mal gleich vorweg: es hat alles ganz hervorragend geklappt! 

Mit dem Gepäck waren wir ziemlich am Limit: Thule-Fahrradanhänger (als Kinderwagen), eine große Reisetasche mit Rollen für all unsere Klamotten, ein großer Wanderrucksack mit Büchern, Snacks und meinem Laptop (Spoiler: habe ich nicht gebraucht), ein Seilsack mit unserer gesamten Kletterausrüstung, ein Beutel voller Weihnachtsgeschenke und Mitbringsel und der Minirucksack des Kleinen. Minimalistisch geht anders.

Zum Glück fuhr der Zug so spät, dass wir den Kleinen vorher zu Hause ins Bett bringen und ihn dann in den Kinderwagen umbetten konnten, als es losging. Der Start war damit schon mal recht entspannt und wir konnten in Ruhe unseren Gepäckhaufen mit der Straßenbahn zum Bahnhof karren.

Der Zug, ein österreichischer Nightjet (ÖBB), war pünktlich, die Stimmung drinnen im Waggon schon angenehm gedämpft und schlummerig. Genug Platz fürs große Gepäck gab es direkt im Eingang des Waggons.

In „unserem“ Abteil saß ein älterer Herr, trotzdem hatten wir noch vier Sitze, die wir tatsächlich zu zwei langen Betten zusammenschieben konnten. In einem davon streckte sich mein Freund aus, im anderen der Kleine und ich. Der Kleine fand es ganz wunderbar und kuschelte sich ein, nachdem der Zug losgerollt war, und schlief kurz darauf. 

Die einzige, die nicht so gut geschlafen hat, war ich 😉 Leider kann man so ein normales Abteil nicht wirklich abdunkeln und die Lichter, die ständig von draußen reinschienen, haben schon gehörig genervt. So ein Nachtzug hält an sehr vielen Bahnhöfen und steht dort auch manchmal lange rum – scheinbar lässt er dann Güterzügen den Vortritt. Eine Schlafmaske und Ohrstöpsel hätten mir die Fahrt sicher angenehmer gemacht. Froh war ich über die dünne Fleecedecke, die wir in unserem Kinderwagen dabei hatten – etwas frisch wurde es nämlich auch.

Pünktlich gegen halb 8 weckte mein Freund uns, weil wir kurz vor Basel waren. Für den Kleinen die perfekte Zeit, aufzustehen – er war bester Laune!

In Basel gab es einen kleinen Kaffee und unser mitgebrachtes Frühstück in einer wirklich ganz gemütlichen Ecke im Bahnhof. Nach einer knappen Stunde ging es dann weiter nach Locarno. Und wer schon einmal von Nord nach Süd durch die Schweiz gefahren ist, der weiß, was für ein Genuss das ist. Abgesehen von der traumhaften Landschaft mit Seen, Bergen und Wiesen änderte sich auch das Wetter langsam von grau… zu sonnig 🙂

Da wir die Rückfahrt mit Zwischenstopp bei Freunden in Ravensburg gemacht haben, wurde diese eine „normale“ Zugreise, verteilt auf zwei Tage. Aber auch die lief weitgehend reibungslos. Zwar mussten wir zwischen Ravensburg und Hannover ziemlich häufig umsteigen aber wir kamen nach 6 Stunden Zugreise mit nur 20 Minuten Verspätung und insgesamt recht entspannt zu Hause an.

Fazit – gute Vorbereitung ist fast alles

Ganz klar: wir werden es wieder tun! Zwar nehmen wir für die meisten Reisen unseren Bulli, in dem wir unseren ganzen Surf- und Kletterkram transportieren, in dem wir kochen und schlafen. Aber Reisen, auf denen wir diese Funktionen des Bullis nicht brauchen und für die es eine preislich nicht übertriebene Zugverbindung gibt, werden wir zukünftig wieder mit der Bahn machen.

Hilfreich für eine entspannte Langstreckenreise mit dem Zug ist auf jeden Fall eine gute Vorbereitung: je nachdem, wie gut du schläfst, können Ohrstöpsel und eine Schlafmaske hilfreich sein. Falls du, wie wir, in einem normalen Abteil reisen möchtest, nimm lieber eine dünne Decke oder ein großes Tuch mit, denn es kann kühl werden.

Außerdem macht es natürlich Sinn, ausreichend Verpflegung und Beschäftigung, wie Bücher, Spiele, etc. dabei zu haben. Vor allem mit Kindern 😉

Wir waren diesmal mit dem 6er-Abteil recht risikofreudig. Wir hätten auch ein volles Abteil mit nicht verstellbaren Sitzen vorfinden können (auch wenn es unwahrscheinlich war). Falls du also auf Nummer Sicher gehen möchtest, empfehle ich dir, ein Abteil in einem Liege- oder Schlafwagen zu buchen. Das ist dann zwar im Vergleich etwas teurer aber du gehst nicht das Risiko ein, nicht liegen zu können. Und wenn du früh genug buchst (nicht erst eine Woche vorher, so wie wir) , findest du sicher ein gutes Angebot.

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